Meine emotionale Reise in die Hauptstadt von Südkorea
- Andre Schumacher
- 20. Okt. 2023
- 8 Min. Lesezeit
Seoul-Rundreise vom 11. bis 18. April 2023

Wie ich in meinen vorherigen Beiträgen immer wieder berichtet habe, bin ich ein sehr unruhiger Mensch - der ruhelos und immer auf der Suche nach einem neuen spannenden Abenteuer durch sein bisheriges Leben gezogen ist. Alle paar Jahre stand ein Umzug auf dem Programm - ein Neustart in einer anderen Stadt, bei einem anderen Verein. Die anfängliche Euphorie schmolz aber meistens schnell und wandelte sich in eine Art innere Unruhe um. Ich möchte keineswegs sagen, dass ich mein "altes" Leben, den Handballsport - der viele Jahre die Mitte meines Lebens war - nicht vermisse. Es gab in den vergangenen 1 1/2 Jahren immer wieder Momente, an denen ich zurückdachte und mir den Sport, den Job zurück in mein Leben gewünscht habe. Aber am Ende waren diese Gedanken immer schnell verflogen und der Wunsch, einfach frei und ohne Verantwortung für andere zu leben, am stärksten. Ich denke, jeder sollte versuchen, dass besten aus seinen 80-100 Jahren auf Erden zu machen und am Ende zu sich sagen können - es lief nicht alles toll, aber es war ein Leben, dass ich wieder Leben würde.
Der Auslöser zur Langzeitreise
Im Sommer 2022, kurz meinem Start nach Indien und dem Anfang eines bis heute nicht abgeschlossenen Kapitäl meines Lebens, war ich extrem aufgeregt, angespannt und hatte eine ganze Menge Respekt vor meinem Abendteuer. Zudem war ich bereits 31 Jahre alt und mir war klar, sofern meine Auszeit vom Handball-Job länger als ein Jahr dauert, wird es schwer, wieder Fuß zu fassen - zumindest auf der Stufe, auf der ich zuletzt stand. Ich habe zu diesem Zeitpunkt, Mitte April 2023, bereits viel erlebt und gesehen. Bin zum Beispiel knapp 4500km quer durch das mehr als verrückte Indien gereist, war in Nepal am Himalaya-Gebirge wandern, habe in Kambodscha den weltberühmten Tempelkomplex Angkor Wat bestaunt und Vietnam von Nord nach Süd bereist, nur mit einem Rucksack und einem ausgefahrenen Motorroller.

Aber wer erst einmal diesen inneren Hunger geweckt hat, mehr zu entdecken, kann diesen einfach nur schwer stillen. Ich fühlte mich auf weiteren Teilen meiner Reisen immer frei und unbeschwert und wollte dieses Gefühl nicht aufgeben. Und natürlich gibt es für jeden "Unsinn", den wir uns ausdenken, immer einen Auslöser. Mein Auslöser war auf jeden Fall die Corona-Zeit und die damit verbundene Isolation - ich entdeckte 2020 meine erste koreanische Serie auf Netflix (Zeit hatte ich ja mehr als genau, da wir während der Corona-Pandemie alle bekanntlich viel Zeit zuhause verbrachten) und verfiel in einen wahren K-Drama-Rausch. Um so mehr K-Drama und asiatische Filme ich mir "reingezogen" hatten, wuchs der Wunsch in mir, dass ich viele Orte aus den Filmen gerne in Wirklichkeit sehen möchte. Bereits als meine Entscheidung im Januar 2022 gefallen war, dass ich auf eine Langzeitreise gehen möchte und in Asien starten werde, war der Traum einmal Südkorea und vor allem Seoul zu besuchen, riesig.
Am 10. April 2023, rund 10 Monate nach meinem Start in Indien, war nun also soweit - ich war auf dem Weg nach Südkorea. Bis dahin war es ein langer und steiniger Weg, der mir sehr viele positive wie negative Erfahrungen gebracht hatte. Und egal wie lange man auf Reisen ist - es ist immer das gleiche aufregende Gefühl ein neues Land zu besuchen, eine neue Sprache zu erleben, eine neue Währung zu nutzen, neues exotisches Essen zu erleben und vieles mehr.

38 Stunden Anreise vom heimischen Loitz in die Weltstadt Seoul
Mit einem Gabelflug ging es zunächst von Frankfurt am Main nach Riad, der Hauptstadt von Saudi-Arabien, und von dort weiter nach Südkorea. Am 11. April in den späten Abendstunden landete ich also in Seoul und war sehr froh, dass am Flughafen alles (Visum, Geld holen, Sim-Karte kaufen und Busticket buchen) sehr zügig von statten ging. Es war fast schon gruselig, wie organisiert und freundlich die Südkorea ihre ankommenden Gäste "abfertigten". Nur eine Stunde nach der Landung war ich bereits im Bus, der mich nur wenige Meter von meinem gebuchten Hostel-Zimmer in der Innenstadt aussetzte. Obwohl ich mich nach der 38 stündigen Anreise und einer neuen Zeitzone sehr erledigt fühlte, konnte mich nichts davon abhalten, nach dem Check-In noch einen ausgiebigen mehrstündigen Erkundungsspaziergang zu machen.
In den Folgetagen hatte ich einen strammen Plan, da ich aus Kostengründen lediglich eine Woche für die Tour durch Seoul eingeplant hatte. Am nächsten Morgen hieß es also früh raus und auf in die verrückte und wilde Stadt. Ich hatte zuvor bereits einige große asiatische Metropolen gesehen, unter anderem meine aktuelle Wahlheimat Bangkok, aber Seoul war nochmal eine neue Hausnummer. Im Vergleich zu den anderen asiatischen Ländern wird in Südkorea deutlich weniger Englisch gesprochen und entsprechend musste ich mich erst einmal ein wenig einspielen und mit Handzeichen meinen Weg durch die Stadt bahnen.
Mein Hostel war in einer eher Touristen Ecke der Stadt, die auch für ihr wildes Nachleben bekannt ist - Itaewon. Ich entschied mich, direkt am ersten Tag, eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt zu erkunden und mache mich mit der U-Bahn (Metro) auf den Weg zum Gyeongbokgung-Palast. Ich stiege ein paar Station vor dem Tempel aus der Metro, da ich auf dem Weg noch die ein oder andere kleine Sehenswürdigkeit bestaunen wollte. Meine erste Station war der Namdaemun-Markt, ein riesiger Asien-Markt mit Kleidung, Lebensmittel und allem, was man so braucht. Ich spazierte bei sanften Frühlingstemperaturen vorbei am Deoksugung-Tempel und der Seoul-City-Hall und war endlich auf dem berühmten Gwanghwamun Square der direkt zu meinem Hauptziel, der Gyeongbokgung-Palast führte.
Ich brauchte bereits einige Stunden für den Weg zum Tempel und plante den Reste des Tages in der Anlage ein. Der Gyeongbokgung-Palast wurde vom Gründer der Joseon-Dynastie, König Taejo errichtet und im Jahr 1395, drei Jahre nach Gründung der Dynastie fertiggestellt. Der Palast wurde über die Jahre immer wieder erweitert, in Kriegen zerstört und wieder errichtet worden. Es war eine unvergessliche Zeitreise durch die riesige Anlage mitten im Herzen der Stadt. Die vielen Details, die Architektur und Holzbauten waren unglaublich sehenswert und ich verbrachte rund fünf Stunden im Komplex und musste im Anschluss bei einer traditionellen koreanischen Fleischsuppe und einem einheimischen Bierchen meine Erlebnisse erst einmal verarbeiten.
So weit mich meine Füße tragen
Mein Motto für meine Tage in Seoul war es, so wie viel möglich zu Fuß zu erkunden, um alle Erlebnisse bestmöglich aufsaugen zu können. Das hatte ich bereits am ersten Tag wörtlich genommen und bin rund 25 km durch die Stadt gelaufen. Mit schweren Beinen und schwerem Kopf, da es natürlich nicht bei einem Bierchen blieb und ich in einer Bar nähe meines Hostel ein paar nette koreanische Studenten kennenlernte, die mir unbedingt die traditionelle trinkweise vom bekannten Reisschnaps Soju beibringen wollten, ging es am Tag zwei etwas gerädert auf die nächste Erkundungstour.
Mein Ziel war die Altstadt von Seoul, Bukchon Hanok Village, einem Stadtviertel mit unzähligen alten Häusern, die mit einer traditioneller Bauweise und vielen kleinen Highlights erbaut wurden. An diesem Tag kam ich ein wenig an meine Grenzen, da der Jetlag von der Anreise und die vergangene Nacht in meinen Knochen steckte. Zudem ist Seoul nicht unbedingt einfach zu Fuß zu erkunden, da die Stadt sich der Natur angepasst hat und es viele Berge und Bergstraßen gibt, die man erklimmen muss. Mein Tag war somit schnell zu Ende und ich verzichtete auf die Einladung meiner neuen Freunde in die Bar. Hier muss man anmerken, dass Korean sehr trinkfreudig sind - ein hart arbeitendes Völkchen, dass teilweise sieben Tage die Woche für 10-12 Stunden im Büro sitz - dafür aber jeden Abend ihren Feierabend mit Bier und Soju in einer Bar oder einem Restaurant genießen.
Auf meiner Reiseplanung stand als nächstes die weltbekannt Stadtmauer von Seoul - der Seoul City Wall. Die Stadtmauer erstreckt sich über rund 19 km um und mittlerweile durch die Stadt und wurde um 1395 erbaut. 12 km der Mauer sind aktuell restauriert und über einen Wanderweg sehr gut zu belaufen. Ich habe es mir natürlich nicht nehmen lassen, die Strecke abzulaufen und den höchsten Punkt der Mauer auf einem Berg zu erklimmen. Es war ein fantastischer Ausblick auf die Stadt bei klarem blauen Himmel und frischer Frühlingsluft. Im Anschluss ging meine kulinarische Reise weiter - ich gestehe, dass ich aufgrund der Sprache und einer rein koreanischen Karte in vielen Restaurants lediglich die Auswahl anhand von Bildern getroffen habe und nicht wirklich wusste, was ich aß, aber es war immer absolut lecker und spannenden was mir auf den Tisch gestellt wurde.
An diesem Abend, mehr als verdient nach unzähligen Kilometern auf den Beinen, wollte ich das weltbekannte Partyviertel Itaewon erkunden und fand erstaunlich schnell Anhang in einer der zahlreichen Bars. Der Abend gestaltete sich typisch koreanisch mit viel Bier und Soju, der übrigens nicht nur billig ist (1 Euro die Flasche) sondern auch richtig lecker, und spielte bis tief in die Nacht Billard. Am Folgetag war mein Plan, ein wenig mehr über die Kultur der Südkorea zu erfahren und so besuchte ich das Seoul Museum of History und im Anschluss die weltbekannte Starfield Library, die am anderen Ende der Stadt war, was aber mit Bus und Bahn absolut kein Problem darstellte.
Die Tage verflogen und meine To-Do-Liste schrumpfte bis auf einen Punkt, der natürlich nicht fehlen darf bei einer Reise in die Hauptstadt von Südkorea - der Seoul-Tower. An meinem vorletzten Tag hieß es also wandern - wandern -wandern. Ich hatte zwar die Wahl. mit einem Bus den Berg hochzufahren, entschied mit aber für die Wanderung. Den alleine die Wanderung zum Tower ist schon ein Highlight, da sie durch den Namsan Dule-gil Nationalpark führt. Es ist eine entspannte Wanderung die mehrere Stunden in Anspruch nimmt, aber dafür eine tolle Natur und unvergessliche Ausblicke auf die Stadt biete. Angekommen beim Seoul-Tower wollte ich etwas besonderes machen und hinterlegt dort ein Herz mit einer kleinen Botschaft für die Zukunft. Es ist eher eine Tradition für Pärchen, aber ich habe gelesen, dass es auch eine Art Glücksritual für die Koreaner ist und ich wollte es mit nicht nehmen lassen, etwas von mir in Seoul zu lassen.
Nach sechs aufregenden Tagen in Seoul war ich voll mit neuem Input und Erfahrungen und auch heute, einige Monate danach erinnere ich mich durchweg positiv an diese Zeit. An meinem letzten Tag und da mein Flug erst am späten Abend stattfand, wollte ich noch ein weiteres Ziel erleben und machte eine entspannte Wanderung am Hangang Fluss, der quer durch Seoul fließ und erkundete den Seoul Forest Park.
In all den Monaten meiner Reise und den zahlreichen Erkundungstouren habe ich in den wenigen Tagen in Seoul einen persönlichen neuen Rekord an zu Fuß Kilometern aufgestellt. An keinem Ziel zuvor habe meinen Fuß mich so viel durch die gegen getragen wie in Südkorea - nicht nur aufgrund der wenigen Tage die ich zur Verfügung hatte, eher weil Seoul einfach die bislang beeindruckendste Stadt auf meiner Reise war. Ich kann bewusst sagen, dass meine Serien- und Filme-Phase eine so extrem Sehnsucht nach Südkorea entwickelt hatten, die zwar nach dieser Reise erst einmal befriedigt war, aber ich noch lange nicht mit diesem Traumland fertig bin. Daher möchte stand bereits bei meinem Abflug in Richtung Thailand fest, dass ich wiederkommen werden und den Rest von Südkorea kennenlernen möchte.
Mein Fazit
Im Vergleich zu den anderen Orten in Asien ist Südkorea ein sehr strukturiertes, sehr hektisch - dafür aber auch überaus freundliches, unglaublich sauberes und gepflegt sowie zuvorkommendes Land. Ich habe mich zuvor in deiner Stadt so sicher und willkommen gefühlt und trotz Sprachbarrieren sind die Mensch viel offener, als es oftmals von Südkorea erzählt wird. Die Menschen sind sehr kulturell und gläubig, aber auch offen für neues. Ich denke jeder, der eine Kurzreise nach Seoul plant, sollte sich im Vorfeld eine Liste und einen kleinen Plan erstellen - so wie ich - um alle sehenswerten Orte unter den Hut zu bekommen. Es lohnt sich auf jeden Fall. Auch mein Reisezeitpunkt Mitte April war ein Glücksgriff - die kalten Tagen sind vorbei und es ist eine angenehme Reisezeit kurz vor den heißen und langen Sommertagen.
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